Foto: Martin Maier

30.01.2021
Es ist nicht nur Demokratie, wenn einem das Ergebnis passt

- oder eine kleine Geschichte was man so tut, wenn der Wind von vorne kommt

Die gemeinsame offene Erklärung des Stadtrats war gerade zwei Tage alt... CSU-Fraktionssprecher Mayer hatte nach der Eskalation am Marktplatz die Idee, ich habe den Text formuliert. Mit kleinen Änderungen haben alle Stadtratsmitglieder und Ortssprecher der gemeinsamen Erklärung zugestimmt. Im Kurzfazit: Meinung ja... Provokation höchst-heikel... Gewalt gegen Polizei definitiv indiskutabel. Landrat Kroder und die Fraktionssprecher der Kreistagsfraktionen formulierten Ähnliches. 
Auch wenn dies inzwischen vergessen scheint... dieses starke Signal möchte ich nochmals in Erinnerung rufen - und unterstreichen!

Dienstag - eine interne Nachricht... Corona911 meldet eine Demo am Sonntag an. Nach kurzer Rückinfo ist klar, dass wir als Stadt Lauf in den Focus rücken (nein, ich durfte zum damaligen Zeitpunkt nicht informieren!). 

Mittwoch - das „Kooperationsgespräch“ ... es wäre unverantwortlich, interne Absprachen preis zu geben. Wir - als Stadt Lauf - sind „nur“ in der Beraterrolle. Dennoch treten wir mit Geschäftsleiter, Ordnungsamtschef und mir massiv auf. Wir wollen Gewicht in die Waagschale werfen... die Botschaft ist klar... es ist „unsere Stadt“. Nachdem mir unter Verwaltungsprofis und Juristen „mehr und mehr“ klar wird, dass Art8 GG und die zugehörigen Urteile der Verwaltungsgerichte unsere Chancen auf Null senken, fasse ich mir trotzdem ein Herz... „Entschuldigung... wir sind ja nicht irgendwer... wir sind die Stadt Lauf mit unseren Bürgerinnen und Bürgern... was verlieren wir denn, wenn das LRA die Demo mit den Aspekten des Gesundheitsschutzes und des Konfliktpotenzials ablehnt? 
*** setzen Sie sich bitte an dieser Stelle einen Moment mit der Idee auseinander *** 
Gleichzeitig muss ich einräumen, dass der Begriff des „gesunden Menschenverstands“ selbstverständlich höchst subjektive Züge trägt. Aber nochmals... wäre das nicht logisch...?
Gestatten Sie mir einen kleinen Exkurs... ich habe 2 Staatsexamina in 2 Fächern...und kam mir vor, wie wenn der Rotzlöffel der letzten Reihe in der 7.Klasse eine dämliche Frage gestellt hat:
a) das Verwaltungsgericht kassiert unseren Bescheid
b) der Antragsteller macht sich über uns lustig
c) wenn „die“ wieder kommen... und das LRA lehnt ab, wird der Bescheid mehrfach geprüft, weil dieser möglicherweise unprofessionelle Bescheid seine Schatten voraus wirft....

Okay... so gut war die Idee dann doch nicht...
Halt Moment... „tschulldichung... aber die müssen ja erst mal klagen... vllt klagen die nicht... vllt akzeptieren Sie unsere Ablehnung...“ hmm... hätten Sie die Blicke (trotz FFP2-Maske) gesehen... Sie würden an meiner Stelle diese Frage nie wieder stellen!
#imbodenversinkenistaucheineoption

Warum wir - als Stadt Lauf - auf Steuerzahlerkosten einen zentralen Platz zur Verfügung stellen müssen, ist mir nicht begreiflich. 

Donnerstag
Ich bin überrascht, dass die Pegnitz-Zeitung über die Aktivität informiert ist. Das Telefonat mit Redakteur Andreas Sichelstiel verläuft etwa (?) 15 Minuten. Meine größte Sorge ist, dass die Veranstaltung hoffentlich friedlich ablaufen wird. Ich räume gerne ein, dass man als Demokrat auch andere Meinungen gelten lassen muss. Umgekehrt hätte ich mir, im Sinne der Entspannung, keine weiteren Demonstrationen in „meiner“ Stadt gewünscht. Sichelstiel formuliert meine Äußerung im Artikel diplomatisch-knapp, aber zutreffend. In der abendlichen Stadtratssitzung informiert Geschäftsleiter Wallner im nicht-öffentlichen Teil (zu diesem Zeitpunkt war das Thema noch nicht-öffentlich) über die geplante Demonstration. Alle Stadtratsmitglieder sitzen mir in der aktuellen pandemischen Sitzordnung gegenüber. Ich konnte in dieser Zeit nicht in alle maskenbedeckten Gesichter schauen, doch ein massiver Eindruck der Enttäuschung und Sorge war spürbar.
Während ich den Bereich der Bertleinschule mit als Letzter verlasse, denke ich verständnislos an einen Post der letzten Tage. Demnach dürften Stadtratsmitglieder auf Masken verzichten. Zu allem Überfluss war in Richtung aller Teilnehmer der sinnfreie Spruch „Die Stasi ist befreit“ getitelt. Dass alle Teilnehmer (Stadtratsmitglieder und Teilnehmer aus der Verwaltung) permanent FFP2-Masken trugen - auch während der Redebeiträge - und maximal möglichen Abstand hielten (deswegen waren wir in der Bertleinturnhalle), war für uns selbstverständlich. Was geht eigentlich in den Menschen vor, die so etwas schreiben? Und liken? 

Freitag
Welche Aktivitäten planen wir im Stadtgebiet mit der Volkshochschule? Wir wollen uns für eine Landesgartenschau bewerben. 
Der Freitag hätte mit nur zwei großen Themen außergewöhnlich entspannt sein sollen. Neben der Begleitung von laufenden Prozessen sind hier Chancen vorhanden. Ich hänge in Demo-Themen fest... für die Landesgartenschau verschieben wir die Videokonferenz (die ursprünglich längst als Stadtrundgang hätte stattfinden sollen) um 30min... eigentlich peinlich... die Stadt Lauf rückt mit der gefühlten „Kavallerie“ an... Stadtentwicklung, Ordnungsamt, Bauamt, Wirtschaftsförderung, Generationen &Bildung, Liegenschaften & Kämmerei, Hauptamt... ich sehe, wie mein Ordnungsamtsleiter während der Videokonferenz emotional telefoniert; er schaltet sich stumm... kurze private Nachricht „Gegendemonstration“ ... wer übernimmt nochmal die Federführung der LGS-Bewerbung? Momentmal... eigentlich reden wir von Brachflächen, die entwickelt werden sollten... ich versuche mit Hinweisen auf unsere Freunde aus Tirschenreuth und auf die Gestaltungen von Grafenau eine Brücke zu bauen... zwar erfolgreich aber mit vielen weiteren Aufgaben... wir klären die Federführung...
Und weg...
Die Gegendemonstration ist da, zumindest beantragt und als Koop Gespräch entwickelt - im LRA ... ich erreiche das Gespräch mit fliegenden Fahnen, aber sehr spät. Der Eindruck ist und bleibt, dass die Veranstalterin eine friedliche Gegendemonstration möchte. Ich vertraue Christine Deutschmann und hoffe, wir sehen uns am Sonntag spätnachmittag bestätigt.

Homeoffice... um 23.08h reicht es... mehrere Whatsapps-Hin-und-Hers- zu Polizei, Ordnungsamt und Geschäftsleitung zerren an meinen Nerven.
Ziel 1A Alpha : friedlicher Ablauf
Ziel 2: „die kommen nie wieder“... wir haben damals schon die NPD nach Hause gebrüllt... (Veranstalter waren damals Johannes Auernheimer und Thomas Lang)
Ziel 3 „die Inzidenzwerte haben wir erreicht, weil alle zusammengehalten haben“ ... geht heim.... 

Mit dem Statement, dass ich zum allergrößten Teil Verständnis für die Corona-Maßnahmen und -beschränkungen habe, möchte ich die Landes- und Bundespolitik dennoch an notwendige Hilfs- und Exitstrategien erinnern. Besonders als Bürgermeister meiner Heimatstadt sorge ich mich um die Zukunft von Handel, Gastronomie und Handwerk. Wir tun - als Stadt Lauf - sehr viel, um dies zu bewahren. Die Händler, Gastronomen und Handwerker haben schlüssige Hygienekonzepte geschrieben und handeln danach.

Mit der heutigen statistischen Auswertung der Übersterblichkeit (was für ein fürchterliches Wort!) 2020 ist ein neues Faktum geschaffen. Corona-Leugner und Fakten... ach ja mei... was soll man machen, wenn die Erde eine Scheibe ist?

Zum Stand (Samstag, 12h) hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass zumindest der Demonstrationszug der Querdenken911-Bewegung nicht stattfinden darf. Es widerstrebt mir, von einem Erfolg zu sprechen.